Diese Woche saß wieder ein Bekannter bei mir am Küchentisch und klagte mir sein Leid. Er wisse nicht mehr weiter. In seinem Beruf kann er nicht mehr arbeiten, habe sich kaputt gearbeitet. Fragt, was er jetzt noch tun könne?
Mit Ende 40 Hartz IV als Lebensperspektive zu sehen – hmmmmmm.
Das passiert mir mittlerweile regelmäßig.
Den Menschen mit denen ich spreche allerdings auch. Und euch? Vermutlich auch.
Daher bemühe ich die gute, alte Statistik an dieser Stelle
erst gar nicht. Dass sich die Wartezimmer der Ärzte immer mehr mit Menschen füllen, die einfach nicht mehr können, dürfte heute zum Allgemeinwissen gehören. Die dazugehörigen Statistiken der Krankenkassen finden sich im Internet. Ebenso, wie die Kernaussagen der Gallup-Studien.
Eine gute Freundin hatte mehr Glück. Wir kamen über ihre gesundheitlichen Probleme ins Gespräch. Mit Ende 30 rückte ihre Berufsunfähigkeit zwar schon erkennbar nah. Der Abstand war jedoch groß genug um nun, drei Jahre später, den ersten Monat in einer neuen Tätigkeit eingestellt zu sein. Und bereits jetzt, nicht mal drei Monate nach Ausscheiden aus ihrem alten Job wirkt sie, trotz der Belastungen des Wechsels, erholt und im Verhältnis zu vorher, wie das blühende Leben.
Klar. Ihre gesundheitlichen Probleme bleiben. Doch unter den passenden Rahmenbedingungen, spielen diese Probleme für ihr Arbeitsleben keine entscheidende Rolle mehr. Zudem füllt sie in der neuen Organisation eine Lücke aus, für die ein konkreter Bedarf bestand. Eine langjährige Mitarbeiterin konnte so qualifiziert und in einem anderen Bereich eingesetzt werden. Stichwort: „Fachkräftemangel!“
Aus den letzten zehn Jahren meiner Berufspraxis könnte ich noch eine lange Liste an Beispielen nennen. Sowohl für den erfolgreichen Wechsel der Tätigkeit und damit einhergehender persönlicher Befriedigung sowie verbesserter Gesundheit, als auch für grandioses berufliches, gesundheitliches und privates Scheitern.
Mit den Jahren fragte ich mich immer häufiger: Wo kommen die ganzen Menschen her, welche sich anscheinend in ihren Tätigkeiten kaputt arbeiten?
Die nächste Frage, welche sich mir stellte war: Wie viele von diesen Menschen kann ich noch „retten“, ohne mich selbst dabei zu überfordern?
Und vor allem: Warum arbeiten sich alle diese Menschen kaputt?
Zwischenzeitlich wäre ich beinahe selbst mein bester Kunde geworden. Ich stand nicht mehr nur am Rand vor dem Burnout. Zum Glück jedoch noch nah genug auf der anderen Seite des Rands, die Situation zu durchschauen und zu handeln. Im Rückblick auf die Anstellung, welche ich hinter mir ließ, wurden mir mehrere Punkte klar:
– Der Einfluss der Organisationsstruktur
– der Einfluss der Führung
– der Einfluss meiner persönlichen Muster
– der Einfluss von Rahmenbedingungen – in dem Fall die Menschen mit denen ich arbeitete bzw. zusammenarbeitete.
Aus den Erlebnissen und Erkenntnissen meiner verschiedenen beruflichen und privaten Stationen – ich widme nach wie vor einen Teil meiner Zeit dem Rehamanagement (der Unterstützung von Menschen in ihrer gesundheitlichen und beruflichen Rehabilitation) – formte sich für mich eine zentrale Frage, welche heute Motivation und Triebfeder meines Handelns bildet:
Wie können Organisationen und Tätigkeit (Arbeit) so gestaltet werden, dass die daran beteiligten Menschen gesund bleiben und die Organisationen innovativ, nachhaltig sowie resilient agieren können?
Die Antworten auf die Frage und Lösungen für das scheinbare Dilemma zwischen Gesundheit der Menschen und wirtschaftlichem Erfolg der Organisationen sind bereits gefunden. Die Aufgabe besteht ‚lediglich‘ darin, diese Lösungen im eigenen Denken und Handeln sowie im weiteren Schritt in die Strukturen und Vorgehensweise der Organisation einfließen zu lassen. Auch für diese Herausforderung gibt es Lösungen, sofern der persönliche Wille da ist. (Ich bin zwar unbestechlich, dennoch käuflich und berate gern! ;-))
Um was für ein Experiment soll es dann gehen?
Das Arbeit und Arbeitsplätze krank machen können, ist hinreichend bekannt. Doch was, wenn Arbeit, Tätigkeit auch dabei unterstützt, wieder gesund zu werden?
Das mag verwirrend klingen, das Beispiel meiner guten Freundin vielleicht als ‚Zufall‘ betrachtet werden, doch durfte ich vergleichbare Ergebnisse bereits in verschiedenen Fällen erleben!
Erleben, wie Menschen, so sie denn ihren persönlichen Bezug zu der Tätigkeit fanden und die Rahmenbedingungen zu ihren Bedürfnissen passten – hier klammere ich bewusst das Thema Geld aus – in ihrer Tätigkeit aufblühten und ihrem Leben eine neue Wendung gaben, ja sogar gesünder wurden.
Bei all den Themen, welche uns als Menschen und Gesellschaft beschäftigen: Komplexität, Arbeitsverdichtung, Veränderung sozialer Strukturen bis hin zur demograpischen Entwicklung und einem steigenden Renteneintrittsalter: Warum nicht mal den Blickwinkel ändern und sich auf ein gewünschtes Ergebnis fokussieren?
Der Inhalt und das Ziel des Experiments bestehen darin, Tätigkeits- und Organisationsstrukturen schaffen, unter denen Menschen gesünder arbeiten, gesünder werden können!
Dabei soll erforscht werden, wie weit sich das Wohlbefinden auch in messbaren, gesundheitlichen Parametern erfassen und nachweisen lässt.
Los geht’s!